Als ich vor mehr als 10 Jahren Coach wurde, hatte ich das Idealbild einer Berufstätigkeit mit zwei Standbeinen.
Ich war Seelsorgerin und das machte mir viel Spaß und ich wollte – auf Grund meiner damaligen Lebenssituation – nebenbei eine Selbständigkeit aufbauen.
Ich bin Mutter zweier, mittlerweile erwachsenen, Kinder, die damals ihre – alleinerziehende – Mama ziemlich brauchten.
Vereinbarkeit hatte für mich ein Ausrufezeichen. Ich wollte und musste das hinbekommen. Mama sein, Teilzeit angestellt und mit einem Bein frischgebacken selbständig.
Hat auch echt alles gut funktioniert. Etwas, worauf ich stolz bin, wenn ich zurückschaue. Es waren teilweise anspruchsvolle Zeiten, die ich mit tatkräftiger Unterstützung meiner Eltern und lieber Freunde gut gemeistert habe.
Wenn Kinder dann groß werden und irgendwann auch ausziehen, ist das Thema Vereinbarkeit Vergangenheit, wird es doch in unserer Gesellschaft fast automatisch für die Vereinbarkeit von Elternschaft und Berufsleben genutzt.
Bei mir ist „nur noch“ ein 20jähriges Kind zuhause und das ist eigentlich kein Thema mehr.
Ich habe in den letzten Monaten das Thema von einer ganz anderen Seite neu kennengelernt und eine wichtige Erkenntnis gehabt:
Vereinbarkeit hat viel mehr Gesichter, als uns gesellschaftlich zugestanden wird.
Ich war nur eine kurze Zeit – dummerweise während der Corona-Krise – voll selbständig. Ansonsten hatte und habe ich auch heute wieder eine Teilzeitanstellung. Ich habe das immer so ein bisschen in den Hintergrund gedrängt, wenig darüber gesprochen und der Fokus meines Arbeitens liegt auf der Selbständigkeit. Tja, und dann habe ich zum 1. März eine neue Stelle angetreten. 20 Stunden die Woche, feste Arbeitszeiten, gutes Gehalt. Sicherheit, Freiheit UND Einschränkung.
Ich merkte schmerzlich, dass dieser Job mich wirklich fordert, was Vereinbarkeit angeht: Die Vereinbarkeit von angestellt sein und selbständig sein. Ich musste mich mit den neuen Arbeitszeiten erstmal zurechtfinden, merkte, wie die neue Tätigkeit (in einem 100% neuen Feld) so viel Aufmerksamkeit beanspruchte, dass meine Selbständigkeit es schwer hatte, Raum zu finden.
Mittlerweile habe ich mich eingegroovt, alles läuft und neue Routinen haben sich eingespielt. Doch ich denke oft darüber nach, an wie vielen Punkten Menschen in ähnlicher Art zu kämpfen haben, wie ich es tat.
Eltern, die alt werden und ganz anders Aufmerksamkeit brauchen zum Beispiel.
Das ganz Eigene und das Gemeinsame in einer (vielleicht neuen) Partnerschaft.
Die eigenen Hobbys und Zeit für sich innerhalb der Familie.
Vereinbarkeit ist mehr als immer nur ganz starr „Familie & Beruf“, und ist auch per e kein reines Frauenthema. Es ist ein Thema für verschiedene Lebensphasen und für Veränderungen. Es gibt so viele Dinge, die wir miteinander „vereinbaren“, also gleichzeitig und ihnen möglichst gleich gerecht werdend, hinbekommen „müssen“. Für mich war die Erfahrung sehr prägend. In die Phase der Jobsuche kam auch die erhöhte Fürsorge für meine Eltern durch eine kurze Krankheitsphase hinzu – echt schwer zu vereinbaren, hat aber für uns alle gut geklappt.
Zur Vereinbarkeit gehört Übung und Ausdauer, Ausprobieren und Verwerfen, wenn etwas nicht funktioniert. Solche Zeiten sind anspruchsvoll. Organisatorisch und emotional. Das war es auch für mich. Und was habe ich gemacht? Ich wollte es nicht alleine schaffen 🙂 Und das war gut. Freundinnen waren an meiner Seite und meine Coach. Dafür bin ich dankbar und für den Mut, den ich aufgebracht habe, mich mit meinen Befindlichkeiten, Bedürfnissen und den Notwendigkeiten immer auch zu zeigen.
Wer das Vereinbarkeitsthema auf ganz wunderbare Art und wie „nebenbei“ hinbekommt ist die Landwirtschafts-Influencerin Annemarie Paulsen. Sie ist Bäuerin aus Leidenschaft und hat 5 Kinder, eines davon ein Baby. Annemarie ist eine One-Women-Show auf ihrem Insta-Kanal @biohof_paulsen: https://www.instagram.com/biohof_paulsen/
Ich bin ein echtes Fangirl und mag besonders ihre lockere Art über ihr Leben, ihren Beruf, über das, was sie umtreibt begeistert zu erzählen. Sie ist für mich eine Vereinbarkeits-Queen. Sie vereinbart Familie und Beruf. Und Bäuerin sein und Influencerin sein. Und moderne Frau sein und einem traditionellen Beruf nachgehen.
Was bedeutet Vereinbarkeit für dich? Welche persönliche Komponente hat dieses Thema jenseits von Kindern für dich? Vielleicht hast du auch gar keine Kinder und bist dennoch eine Vereinbarkeits-Queen oder King?
Wichtig ist immer: Egal, was du da gerade zu vereinbaren bemüht bist, du musst es nicht alleine schaffen. Du kannst dir helfen lassen aus deinem Umfeld. Und was das Emotionale am Thema Vereinbarung an geht, da bin ich gerne für dich da! Lass mich an deinen Gedanken zum Thema Vereinbarkeit teilhaben.
Alles Liebe,
deine Annette